Dienstag, 29. Juni 2010

Später Kulturschock, die Suche nach Entspannung und Fußball WM





Ja, es ist eigentlich viel zu lange her seit ich mal etwas berichtet habe. Eigentlich wollte ich etwa alle zwei Wochen ein paar Neuigkeiten schreiben, was leider nicht geklappt hat, weil mir ganz ehrlich „nicht der Kopf danach stand“ , denn ich wurde überrollt von einer Riesenwelle neuer Erfahrungen und auch alter Eindrücke in einem neuen Licht. Ich glaube, ich hatte schlichtweg einen kleinen Kulturschock.

Das lag wohl zum einen daran, dass man viele Dinge aus dem normalen Alltag heraus mit einer 40-Stunden-Woche aus einer neuen Perspektive sieht, schon allein, weil man nicht mehr ganz so entspannt ist. Zwar habe ich auch in den ersten drei Monaten immer viel zu tun gehabt, aber letztendlich war ich doch freier und konnte selber entscheiden, wann ich was mache und auch mal einen Tag einschieben, an dem ich gar nichts tue. Das geht nun nicht mehr. Meine Woche beginnt Montagmorgen um 9.00h und geht bis Freitagnachmittag, abgesehen von den Brasilien-WM-Spieltagen... Zum anderen war ich durch die angespannte Sicherheitssituation in dem Stadtteil, in dem ich wohne, irgendwie etwas paralysiert. Es kamen Zweifel auf, ob ich hier richtig bin. Aber das ist kein Grund aufzugeben, das gehört dazu, da muss man durch und letztendlich finden sich die Dinge irgendwie.

In der ersten Woche war Felipe, der Chef unserer Organisation Iko Poran, auch noch hier und hat mir das nötigste vor seiner Abreise erklärt. Da er selber so wahnsinnig aufgeregt war vor seinem Freiwilligeneinsatz bei der WM in Südafrika, war kaum ein konzentriertes Erklären möglich und es beschränkte sich auf ein paar Finanzdinge, die ich hier jeden Tag regeln soll. Das war aber bei weitem nicht alles, was ich eigentlich tun sollte. Mit meinem Kollegen Ingo besuche ich nach und nach alle Partnerorganisationen und deren Projekte, wo unsere Volontäre eingesetzt werden. Auch sonst hat Ingo mir vieles genauer erklären können. Wir sind nun seit vier Wochen beide als „Volunteer Coordinator“ unterwegs und halten alles während Felipe’s Abwesenheit in Gang. Das bedeutet für mich, dass ich mich um unsere aktuellen Volontäre, die gerade hier vor Ort sind, kümmere, und gleichzeitig die Korrespondenzen mit potentiellen und zukünftigen Volontären erledige. Wenn neue Volontäre anreisen, habe ich direkt am nächsten Tag ein Orientierungsgespräch mit ihnen, fast immer Samstag oder Sonntag, so dass sie sich in der Stadt und mit den Gegebenheiten besser zurechtfinden. Am Tag darauf begleiten wir die neuen Volontäre jeweils zum Projekt, bei dem sie eingesetzt werden. Viele unserer Partnerorganisationen sind in den Favelas im Norden von Rio und die Busfahrten dorthin dauern zwischen 30 und 90 Minuten. Die Volontäre werden vorgestellt und es wird besprochen, was sie genau tun werden und an welchen Tagen und wie lange sie jeweils dort sein sollen. Einige geben Englischunterricht für Kinder und junge Erwachsene, basteln mit den Kindern oder trainieren mit Jungen- und Mädchengruppen Fußball, sie geben Tanzunterricht oder betreuen auch in einigen Projekten ganz kleine Kinder. Einige Projekte sind schon ganz gut entwickelt und freuen sich über neue Ideen, die unsere Volontäre mitbringen. Alle Volontäre geben mit ihrem Einsatz auch eine Spende zwischen € 90,00 und 180,00 ab oder bringen auch selber Material für kreatives Handwerk mit. Die Begeisterung ist meistens auf beiden Seiten groß. Ich stehe so viel wie möglich in Kontakt mit den Volontären und bin als Ansprechpartner bei Fragen und Problemen immer zur Stelle. In der Regel läuft aber alles immer gut, selten gibt es Unzufriedenheit oder Unstimmigkeiten und beide Seiten lernen vieles voneinander. Soviel zu meiner Arbeit.

Wie ich ja schon berichtet habe, wohne ich diesmal in Santa Teresa, ein sehr schöner alter Stadtteil von Rio, etwa 12 km z. B. von der Copacabana bzw. Ipanema entfernt. Meine Vermieterin Denise hat in meiner ersten Woche hier eine schöne neue Wohnung gefunden, so dass wir in der zweiten Woche schon wieder umgezogen sind. Größer, schöner und sauberer wohnen wir jetzt. Man lernt hier schnell die Einwohner kennen, die man abends hauptsächlich z. B. in der Bar do Gomez oder im Restaurant Simplesmente antrifft. Nach ein paar Wochen kennt man fast jeden zumindest vom sehen. Schön ist auch, dass man eigentlich fast jeden auf der Straße grüßt, bekannt oder nicht, spielt keine Rolle, man begegnet sich mit „Bom dia“ oder „Boa tarde“ oder „Boa noite“, je nach Tageszeit. Mein Weg zum Büro dauert etwa 10 Minuten und macht mir bei schönem Wetter auch richtig Freude, weil die meisten Menschen so freundlich sind. Mittags gehen Ingo und ich meistens in einem der Restaurants ein „Prato feito“ essen. Das ist ein typisches Mittagsgericht und man hat die Wahl zwischen gebratenem Fleisch oder Hühnchen, Hähnchenfilet, Schweinefleisch oder Fisch und dazu gibt es IMMER Reis, schwarze Bohnen, Gemüse, Salat, oft auch noch Kartoffeln oder Spaghetti. Das klingt eintönig, aber man gewöhnt sich daran, es ist immer reichlich und es ist sehr billig mit etwa zwischen € 4,00 und 7,00. An manchen Tagen essen wir auch einfach schnell ein oder zwei „Salgados“, das sind die leckeren, oft von den Frauen, die sie verkaufen, selbst gemachten fritierten salzigen Teilchen mit Hühnchen, Käse oder Fleisch gefüllt. Dazu gibt es ein „Guarana Natural“, ein leckeres und gesundes Saftgetränk, das ganze für etwa € 2,00, macht auch satt, aber nicht so lange.

Jetzt bin ich ein wenig vom eigentlichen Thema, nämlich Santa Teresa, abgekommen. Es ist also sehr schön hier, wobei ein entscheidender Nachteil für mich persönlich eigentlich die Entfernung zum Strand bzw. nach Ipanema, wo es mir so gut gefällt, ist. Leider war es diesmal nicht möglich, dort zu wohnen, da ich dadurch einfach zu hohe Kosten für Bus und Metro gehabt hätte und jeden Tag etwa zwei Stunden oder auch mal mehr unterwegs gewesen wäre. Dazu noch die Fahrten mit den Volontären, die ich auch selber tragen muss, hätte es einfach nicht in mein Budget diesmal gepasst. So schön Santa Teresa ist, fühlte ich mich aber auch lange Zeit dort sehr unsicher und wie eingesperrt, da ich mir immer genau überlegen muss, wie ich wann wohin gehe oder fahre, es früh dunkel wird und es auch wieder vermehrt Überfälle gab. Das hat mich schon sehr belastet, aber mittlerweile komme ich mit der Situation ganz gut zurecht und empfinde nicht mehr eine ständige latente Bedrohung. Im Dunkeln nehme ich immer Bus, Kombi oder zu späterer Stunde auch Taxi, alles nicht zu teuer, aber das ist mir meine Sicherheit auch wert. Die meisten Taxifahrer warten sogar bis man im Haus angekommen ist. Dazu fällt mir dann auch die Geschichte mit der Polizei hier ein, als mich eben einer jener netten Taxifahrer direkt vor meiner Tür ablieferte. Da ich in Fahrtrichtung links wohne, ist er links heran gefahren, was eigentlich total egal ist, weil hier sowieso jeder hält und fährt wo er will. Ich hatte gerade bezahlt, als direkt neben uns aus der Gegenrichtung ein Polizeiwagen hielt und einer der Polizisten ein Riesenmaschinengewehr durch das offene Fenster in das Taxi auf den Kopf des Taxifahrers hielt, um mal zu fragen, warum er denn wohl jetzt hier auf der linken Seite stünde, ich habe nur noch gehört, wie der Taxifahrer, der gerade sein Geld wieder wegpackte, erklärte, „er wolle doch nur das Mädchen hier rauslassen, weil sie hier wohnt“, bin langsam aus dem Wagen gestiegen und ins Haus gegangen. Es tat mir so leid und ich hoffe, sie haben dem Mann sein Geld gelassen, aber ich weiß, wie korrupt und brutal die Polizei hier ist und da war mir meine eigene Sicherheit wichtiger als die Heldin zu spielen und mich da einzumischen. Kein schönes Gefühl zu wissen, dass die Polizei einem hier eigentlich nicht hilft, sondern eher auch eine potentielle Gefahr darstellt.

Um uns herum gibt es auch einige Favelas, in denen es oft unruhig ist. Mal gibt es am Wochenende laute, durch das ganze Tal schallende „Baile Funk Parties“ (ein sehr „kraftvoller“ Musikstil, ein paar davon ganz cool, wenn man mitfeiert) oder auch mal Schießereien oder beides gleichzeitig. Am vorletzten Wochenende war so eine Party mit Schießerei und nachdem ich um 3.00h aufwachte, immer noch unser Haus von der Musik vibrierte und Schüsse fielen, habe ich bösartig gedacht „Kann nicht mal einer den DJ erschießen…?“ Für uns besteht keine Gefahr, wir wohnen hoch am Berg. Manchmal gibt es früh morgens Polizeiinvasionen aus der Luft, dann kreisen Hubschauber über der Favela, schießen mit schweren Maschinengewehren und das in Intervallen etwa eine Stunde lang. Ich gehe dann nicht ans Fenster zum Zuschauen, um zu sehen, ob es wirklich 4 Hubschrauber sind (so hört es sich an), denn das ist mir dann doch zu gefährlich. Man sagt, dass es sich dabei um eine Art Rache Aktion handelt, weil wieder ein Polizist erschossen wurde.

So habe ich also in den ersten Wochen versucht und es geschafft, so gut wie möglich mit der Situation zurecht zu kommen. Jedesmal, wenn ich am Wochenende an die Copacabana oder nach Ipanema fahre oder auch nur mal runter in die Stadtteile Gloria oder Catete komme, fühle ich mich schon viel freier. Dort ist einfach mehr los, dadurch fühlt man sich auf den Straßen sicherer, es gibt viele Geschäfte und Bars und man ist auch direkt an der Metro nach Ipanema. Und nach wie vor finde ich Rio eine großartige Stadt, aber man muss sich mit einigen Dingen ab- oder zurechtfinden, um hier heimisch zu werden.

Eine andere Sache sind die „Carioca“, so heißen die gebürtigen Einwohner von Rio. Sie sind an sich ein fröhliches und aufgeschlossenes Völkchen. Es scheint, man macht leicht Freunde, das ist aber nicht der Fall. Für unsere deutschen Verhältnisse sind sie sehr oberflächlich und reden vieles, das sich anhört, als hätte man einen neuen Freund gefunden, aber meist kommt danach gar nichts. Aussagen wie „ich rufe dich an“ oder „wir sehen uns bald wieder“ oder „komm mal auf einen Kaffee vorbei“ bedeuten fast immer gar nichts außer „war nett, dass wir uns kennengelernt haben, vielleicht sehen wir uns in diesem oder im nächsten Leben mal wieder“. Oft kennen sie einen bei der nächsten Begegnung gar nicht mehr, geschweige denn, dass sie noch den Namen wüssten. Natürlich sind nicht alle alle so und die Carioca lästern auch selber gerne über ihre schlimmen Carioca Mitbewohner, aber es ist sicher ein Teil der Mentalität, die wir Deutschen mitunter als sehr nervend ansehen, genauso wie die permanente Unpünktlichkeit. Und dabei rede ich nicht von 15 oder 30 Minuten, nein, es geht oft um Stunden. „Gut erzogene“ oder vielgereiste Carioca haben zumindest Verständnis für unser Unverständnis, was aber nicht heißt, dass sie, nur weil sie mit einem Deutschen verabredet sind, auch pünktlich kommen. Aber einige geben sich durchaus Mühe und rufen bei Verspätung wenigstens mal an. Und Brasilianer können auch unglaublich böse fluchen und dann sind sie gar nicht mehr die lustigen offenen Menschen, als die man sie überall in der Welt sieht, das kann richtig unangenehm werden, wenn es einem auch eher selten begegnet. Carioca sind im übrigen auch sehr stolz, ein bisschen eingebildet und suchen in allem immer irgendeinen eigenen Vorteil oder einen Profit, den sie für sich davontragen können.
Trotz allem mag ich die Menschen, denn alle Völkchen haben ihre Macken, ihre lustigen und nervigen, und ihre guten und blöden Seiten, wobei das ja immer ein Gefühl und eine Sicht aus einer anderen Kultur heraus ist. Also entspanne ich mich meistens und nehme sie wie sie sind. An manchen Tagen kriegt man aber manchmal eine „Brasilianer-Krise“ und dann sind alle eben mal doof.

Fußball ist natürlich ein Riesenthema hier, wie wir ja schon wussten. An Spieltagen der brasiliansichen „Seleção” hört eigentlich 1 – 2 Stunden vor dem Spiel alles auf zu arbeiten und nur teilweise wird danach weitergearbeitet. Die ganze Stadt setzt sich in Bewegung, um rechtzeitig irgendwo zum Spiel anzukommen. Bei den frühen Spielen fängt erst kaum einer an zu arbeiten. Taxi- und Busfahrer haben kleine TV Geräte dabei, fast alle Menschen tragen gelbe oder grüne Shirts, Kinder und Hunde werden in fantasievollen Bekleidung in denselben Farben gesteckt, Straßen wurden schon lange vor der WM gelb-grün-blau geschmückt und bemalt, an manchen Ecken werden mitten auf dem Bürgersteig einfach Fernseher an die Steckdose und Antenne des nächstliegenden Hauses angeschlossen. Alle Bars und Restaurants sind voll und sei der Fernseher noch so klein. Schon von Anfang an erwartete man eigentlich den „Hexa“, also den sechsten WM-Titel, viele Shirts sind bereits mit 6 Sternen bedruckt und nach diesen ersten Spielen ist man sich irgendwie schon fast sicher, dass Brasilien Weltmeister wird. Alemanha ist auch sehr beliebt, naja, unsere Mannschaft hat ja auch richtig gute Spiele abgeliefert und das könnte ja noch ein Finale Brasil x Alemanha werden. Fest steht, dass beim Viertelfinale Deutschland x Argentinien alle Brasilianer für uns jubeln werden, da es ja diese alte „Feindschaft“ mit Argentinien gibt.
Ich habe bisher alle Spiele bis auf das verlorene der DFB Elf in der Bar do Gomez gesehen. Dort sind wir mittlerweile ein lustiger Kreis von etwa 8 deutschen Fans und ich bin jedesmal soooo aufgeregt und dann soooo glücklich. Das Viertelfinale werde ich wahrscheinlich am Strand von Copacabana anschauen, dort ist das offizielle FIFA Fan Fest Gelände und sicher ein Haufen deutscher Fans aus ganz Rio. Und dann haben wir hoffentlich wieder ordentlich was zu feiern.

Seit dem letzten Wochenende fühle ich mich wieder richtig wohl, Santa Teresa wirkt nicht mehr so bedrohlich, ich habe neue Freunde gefunden, gehe mehr aus und bewege mich wieder entspannter. Samstag war ich einen ganzen schönen Tag am Strand von Ipanema, da habe ich mich wieder erinnert, warum ich so gerne hier eine längere Weile oder vielleicht für immer leben möchte. Also auf zu neuen Wegen bzw. meinem folgen. Ich halte die Augen und Ohren offen, was sich bietet und ergibt, vielleicht schaue ich auch schonmal ein paar Häuser an.

Also, es bleibt spannend und geht immer weiter.

Dienstag, 25. Mai 2010

Rio 2010, die 2. – eine etwas unorganisierte Anreise, Zimmer mit Aussicht und schönes Wetter im Winter

Nun bin ich also wieder hier, Rio de Janeiro, im wunderschönen Santa Teresa.

Wie aufgeregt ich war, vielleicht nicht mehr als im Januar bei der ersten Runde, aber irgendwie anders. Diesmal ging der Flug über Paris, zuerst mit Air France, die nicht bereit war, meinen zweiten Koffer ohne Bezahlung einzuchecken. Zack, gleich mal € 55,-- hingelegt… In Paris angekommen musste ich von Terminal 2 zum Terminal 1 fahren. Eine freundliche Ansage im Shuttle wies an jeder der vier Haltestellen darauf hin, keine Gepäckstücke im selben zu vergessen, was an der zweiten einen mittelschweren Schweißausbruch bei mir hervorrief, da es mich darauf aufmerksam machte, dass mir bereits ein Gepäckstück fehlte, das ich im Flieger vergessen hatte: mein allerliebstes neues Laptöpchen. Ich entschied mich nach kurzem hin und herdenken, erstmal zum Terminal 1 zu fahren. Dort haben mir die freundlichen Damen an der Info glücklicherweise gleich mit zwei Telefonaten geholfen und eine knappe Stunde später kam ein Air France Mensch, der mir mein Laptöpchen zurückbrachte. Fast hätte ich ihn umarmt und geknutscht, ich glaube, er hat sogar ein bisschen darauf gewartet, aber ich habe es dann doch bei einem herzlichen Dankeschön mit einem glücklichen Lächeln belassen.

Nach dieser ersten Aufregung war ich noch aufgeregter als vorher. Die restlichen zwei Stunden bis zum Abflug mit TAM Brasil hatte ich Besuch von Thaís, einer Freundin aus Rio, die gerade in Paris Urlaub macht. Das fröhliche Wiedersehen hat mich ein wenig abgelenkt, aber ich hatte noch immer das kaum abstellbare mulmige Gefühl wie vor jedem Flug. Aber wer reisen will, muss sich darüber hinwegsetzen und letztendlich habe ich sogar einige Stunden geschlafen und der Flug war relativ ruhig.

Mit einer Stunde Verspätung landete ich um 6.00h morgens in Rio und wurde dort von einem Fahrer von Iko Poran, die Organisation, für die ich nun arbeiten werde, in Empfang genommen. Es war ein wunderschöner sonniger Morgen und ich etwas ungläubig, aber glücklich wieder hier zu sein. Leider hatte ich etwas entscheidenden vergessen: die Adresse meiner Unterkunft in Santa Teresa. Die Straße wusste ich ja noch, aber bei der Hausnummer war ich schon unsicher und die Apartmentnummer hatte ich nie gewusst… Da standen wir also in der Rua Oriente und das einzige, das ich wusste, war, dass das Gebäude nur etwa zwei Häuser von unserem Büro entfernt war. Ich dachte, irgendwer wird Denise, die junge Frau, bei der ich jetzt wohne schon kennen… leider falsch gedacht. Da es nach einer halbe Stunde hin und herfahren etwas nervig für den Fahrer war, habe ich mich schließlich erstmal im Casa Amarelinha, meine Unterkunft beim ersten Mal in Santa Teresa, absetzen lassen. Glücklicherweise ließ sich Ailton, der nette Hausmeister, auch schon um 8.30h aus dem Bett klingeln und freute sich sogar mich zu sehen. So konnte ich dann auch in meinen E-Mails nach Denise’s Telefonnummer suchen, um ihr eine SMS mit den entscheidenden Fragen nach Haus- und Apartmentnummer zu schicken. So kam ich gegen 12.00h mittags endlich in der Rua Oriente 314, Apt. S205, an, wo mich Denise, zwar mit schlimmem Kater von der Samstagnacht, aber sehr herzlich in Empfang genommen hat. Im Laufe der ersten Stunde krochen aus verschiedenen Schlaflagern noch Julien und Josua und ich fühlte mich gleich wie mitten drin im Leben von Santa Teresa und seinen teilweise lustig schrägen Einwohnern. Das Apartment ist klein, aber ganz hübsch. Es ist einigermaßen sauber, könnte aber mal eine gründliche Renovierung gebrauchen, besonders in Küche und Bad. Mein Zimmer hübsch eingerichtet mit einer großen Matratze, einem Sessel und einer Minicouch und Minikommödchen. Ein Schrank fehlt, aber ich habe meine Koffer einfach umfunktioniert. Alles in allem kann ich es hier gut aushalten, da meine Ansprüche hier sowieso von vornherein viel niedriger sind. Sehr schön ist die Aussicht ins Tal von Santa Teresa und auf die Christus Statue auf dem Corcovado. Meine Vermieterin Denise ist eine ganz herzliche und liebliche junge, alleinerziehende Mutter einer 3-jährigen Tochter, Vitoria, auch ein liebliches kleines Mädchen. Denise hat selbst eine „NGO“ (Nicht-Regierungs-Organisation) und organisiert kleine Filmprojekte mit den Kindern und Jugendlichen in einigen Favelas.

Am Nachmittag habe ich mich gleich auf den Weg nach Ipanema gemacht. Dort habe ich meine letzte Vermieterin und mittlerweile auch gute Freundin Danielle getroffen. Ein Kurzfilm im Kino von Laura Alvim, danach ein schöner Spaziergang am Strand von Ipanema bis nach Leblon, ein kurzes Abendessen mit lustigem Mädelsgeschwätz mit Dani und dann mit dem Taxi wieder zurück nach Santa Teresa. Nach einem Stündchen Quatschen mit Denise fielen mir die Augen um 22.00h (3.00h deutsche Zeit) zu und ich bin trotz einer lauten „Baile Funk Party“ in der Favela hinter unserem Haus gleich eingeschlafen.

Heute war dann mein erster offizieller Arbeitstag als „Volunteer Coordinator“ bei Iko Poran. Die Wiedersehensfreude war groß und nicht nur, weil ich ein paar süße Leckereien wie die von Ingo (mein Kollege) heißersehnten Mozartkugeln und zwei Großpackungen Hanuta dabei hatte. Es fühlte sich so gut an, hier so herzlich wieder empfangen zu werden. Felipe (der Chef) ist nun eine Woche vor seiner Abreise nach Südafrika, wo er selbst als Volontär bei der Fußball WM helfen wird, total aufgeregt. Während seiner Abwesenheit werde ich mich zusammen mit Ingo um unsere Volontäre kümmern, sie in Empfang nehmen, ihnen bei der ersten Orientierung zur Seite stehen, sie auf ihren zugewiesenen Projekten einführen und alles drum herum organisieren und koordinieren. Ich freue mich sehr auf meine neuen Aufgaben und hoffe, dass ich den Erwartungen – Felipe’s und auch denen an mich selbst - gerecht werden kann.

Kurz zum Wetter: der Herbst und Winter in Rio ist in etwa wie der deutsche Sommer, wenn Sommer ist. Komisch ist für mich, dass es bei gefühlten Sommertemperaturen zwischen 20 und 30 Grad doch so früh dunkel wird, wie bei uns im Winter, etwa 17.30h. Man kann aber immer noch schön den Strand genießen, eben nur kürzer als im Sommer, weil weniger Sonnenstunden. Es lässt sich also sehr gut aushalten….

Soviel für heute. Nächste Woche gibt es sicher wieder mehr und über spannenderes als vergessene Laptops, Zimmeraussichten und Wetterinformationen zu berichten.

Sonntag, 18. April 2010

Geburtstag, Favelabesuche, neue Freunde und ein leichter Abschied





Obwohl ich nun schon über eine Woche zurück in Deutschland bin, möchte ich Euch die letzten vier Wochen in Rio nicht vorenthalten.

Mein Geburtstag am 14. März war ein schöner und sonniger Tag. Ich habe mich mit ein paar Freunden gegen Mittag zum Brunch in einem Bistro in Ipanema getroffen. Es gab einen wunderbaren Kuchen aus dunkelster Schokolade mit fetter, dunkler Schokocreme drinnen - ganz wie ich es am liebsten mag. Am Nachmittag waren wir am Strand, wo ich von ein paar Hippies aus Zuckerrohrblättern gebastelte Figuren bekommen habe. Kurz vor dem ersten Regenguss am Abend habe ich mir noch ein Henna-Tatoo, natürlich einen Delphin, auf's Bein malen lassen.

In der Woche nach meinem Geburtstag ging dann alles Schlag auf Schlag. Ich hatte mit dem Chef unserer Organisation Iko Poran, Felipe, ein Gespräch, in dem ich ihm meine Eindrücke und Erfahrungen in meinem Projekt geschildert habe, ihm meine Meinung zur Arbeit der Organisation, zur Unterbringung im Gästehaus und der Betreuung der Volontäre durch die Organisation dargelegt und auch Lob, Verbesserungsvorschläge und einige meiner Ideen vorgetragen habe. Bei der Gelegenheit habe ich auch erwähnt, dass ich gerne bleiben würde bzw. einen Job finden möchte, der mir das erlaubt, aber wohl nicht davon ausgehe, dass es in der Organisation einen solchen gibt. Felipe fand mein Engagement, mein konstruktives Feedback und meine Initiative, Geld zu sammeln und Geräte für mein Projekt zu kaufen, sehr schön und hat mir angeboten, als Botschafterin für Iko Poran in Deutschland tätig zu werden. Deutsche Volontäre sind beliebt, weil in der Regel zuverlässig und gut organisiert, und meine Aufgabe wird es sein, dafür zu sorgen, dass Iko Poran in Deutschland bekannter wird und mehr deutsche Volontäre nach Rio kommen. Und natürlich Spenden sammeln für unsere Partnerorganisationen. Das habe ich gleich zugesagt, denn das ist eine Aufgabe, die zu meinen Zukunftsplänen passt.

Zwei Tage später habe ich mich wieder mit Felipe und seinem Mitarbeiter Ingo getroffen, um Ideen darüber zu auszutauschen, wie man die Rekrutierung von Volontären in Deutschland am besten angeht. Felipe hat mir an diesem Tag das Angebot gemacht, ihn im Juni und Juli in Rio sozusagen zu vertreten, da er selbst in der Zeit als Volontär nach Südafrika zur Fußball WM gehen wird. Dieses Angebot hat mich wirklich sehr überrascht und berührt, kennt Felipe mich doch kaum und gibt mir damit einen großen Vertrauensvorschuss, danke danke. Die Entscheidung war sehr leicht, selten haben Bauch, Herz und Kopf so einhellig "JA" gerufen. Es fehlte nur noch die Entscheidung meines Chefs bei meinem Arbeitgeber in Deutschland. Zwar musste ich darauf noch 10 Tage warten, da es wichtigeres gab, als seine Assistentin wieder nach Rio zu schicken, aber dieser wunderbarste und verständnisvollste Chef der Welt hat mir gleich noch zwei Monate unbezahlten Urlaub zugesagt. Welch unfassbares Glück für mich!!! Danke, Erwin!

Um schon jetzt soviele wie möglich von Iko Porans Partnerorganisationen und Projekten kennenzulernen, habe ich mich in diesen letzten Wochen einige Male mit Ingo, dem Koordinator für Volontäre und Projekte, auf den Weg in die verschiedenen Favelas hauptsächlich im Norden Rio's gemacht. Dort habe ich gesehen, wie engagierte Mitbürger in diesen Gemeinden aus weniger als nichts Hilfsprojekte schaffen, wo den Kindern und auch Erwachsenen ein sinnvolles Angebot für Betreuung, Aus- und Weiterbildung in verschiedenen Bereichen sowie Freizeitbeschäftigung angeboten und von ihnen auch gern angenommen wird. So werden die Kinder von der Straße ferngehalten, den Eltern kann geholfen werden, durch Alphabetisierung oder auch z. B. Erlernen der englischen Sprache oder von Computerprogrammen, die Chancen eine Arbeit zu finden zu erhöhen. Es sind kleine Einrichtungen, oftmals nur notdürftig hergerichtet, mit kleinen Räumen, die wir vielleicht nicht mal als Abstellraum nutzen würden, alten Möbeln, die wir längst auf den Sperrmüll geworfen hätten, aber alles wird mit großer Hingabe und viel Engagement so in Stand gesetzt, dass es nutzbar wird. Der Inhalt zählt hier, nicht der Raum, in dem gelehrt wird, solche Ansprüche kann man hier nicht stellen. Und es werden immer freiwillige Helfer mit vielen Fähigkeiten gesucht: Unterricht in Englisch, Spanisch, Deutsch, verschiedene Sportarten wie Fußball (ja, auch in Brasilien), Basketball, je nach Möglichkeiten auf dem Gelände der Gemeinde, Computerlehre, Handwerke, Gartenbau und -pflege, wichtig sind auch Gesundheits- und Hygieneerziehung und sexuelle Aufklärung und und und, alles, was die Lebensbasis der Menschen verbessern kann. Auch neue Angebote werden gerne angenommen, so wie ich z. B. in der Ballettschule von Santa Tereza die Rhythmische Sportgymnastik eingeführt habe. Iko Poran koordiniert diese Projekte und platziert jeweils die passenden Volontäre entsprechend deren Fähigkeiten und Interessen. Und Iko Poran betreut die Volontäre, gibt Orientierung in der Stadt und im alltäglichen Leben und ist Ansprechpartner in schwierigen Situationen. Und genau das und die dazugehörende Organisations- und Administrationsarbeit werde ich im Juni und Juli hier zusammen mit Ingo tun. Ein weiterer Schritt auf meinem Weg nach Brasilien :)

Mein Projekt am Ballet de Santa Teresa hat mir sehr viel Spaß gemacht. Meine Spendensammlung hat sich richtig gelohnt. Wir konnten von dem Geld erstmal jeweils einen Satz von 8 Stück jedes Gerätes kaufen: Seile, Reifen, Bälle und die beliebten Bänder. Alles in wunderschönen Farben. Wir haben anlässlich der Abholung der Sachen beim Sportclub Tijuca einen gemeinsamen Ausflug dorthin gemacht. Ein alter VW Kombi hat uns hingefahren und abgeholt, das war ein großer Spaß für alle. Sogar am richtigen Training des Vereins durften unsere Mädchen an disem Abend teilnehmen. Das war sehr spannend und alle waren sehr aufgeregt. Unten steht ein Link zu den Fotos dieses Tages und ein paar weiteren vom Unterricht und Ausflügen.

Es sollten noch einige Fotos mit allen Geräten an meinem Abschiedstag gemacht werden und die Mädchen hatten wohl auch etwas schönes für mich zum Abschied vorbereitet. Leider setzte aber dann der große schlimme Regen in Rio ein und die Kinder durften ihre Häuser nicht verlassen. Das Ausmaß der Regenfälle war für die Ärmsten in Rio sehr schlimm. In einer der Favelas, in der meine Organisation auch ein Projekt betreut, gab es einen Erdrutsch mit einigen Todesfällen. Gebäude anderer Projekte sind durch Wasser stark beschädigt. Da noch etwas Geld übrig ist, das ich natürlich treuhänderisch verwalte, werde ich es dort einsetzen, wo es am dringendsten benötigt wird, wenn ich zurück gehe.

Die letzten Wochen waren also in jeder Hinsicht nochmal sehr intensiv, es war ein gutes Gefühl zu wissen, etwas schönes und gutes erreicht zu haben. Aller Einsatz hat sich gelohnt und ich bekomme die Chance, weiterzumachen. Ich bin sehr dankbar.

Tagsüber war ich immer viel unterwegs, Metro, Bus, Bus, zu Fuß in verschiedenen Favelas. Jeden Tag lernte ich so beeindruckende und wunderbare und freundliche Menschen kennen - sie sind herzlich und lebensfroh trotz Armut und vieler Probleme - das macht unsere Art von Problemen ziemlich lächerlich und wir jammern trotzdem soviel in Europa. Es war oft wahnsinnig anstrengend, aber ich liebe diese Stadt und das Leben und Lebensgefühl dort, wenn es auch nicht einfach ist und es jeden Tag immer irgendwelche kleinen Hürden zu bewältigen gibt. Und auch Brasilianer haben schlechte Launen, sind nicht immer in Partylaune und tanzen auch nicht immer Samba. Aber man nimmt das Leben insgesamt leichter und einfach als gegeben hin und lässt dem Frust nicht soviel Raum.

Abends habe ich mich oft mit meinen neuen Freunden getroffen: meine Vermieterin Danielle, in deren Wohnung ich mich so zu Hause fühlte, Rita, meine portugiesische Sonne, ihre große Schwester Daniela, die mich nochmal eindringlich vor den brasilianischen Männern gewarnt hat, die liebe Marie aus Santa (meine beratende Stimme), meine Portugiesischlehrerin Thais, DJ Marcelo, Costa Rica-Andrea, Baterista Kleyton und nicht zuletzt mein schnellsprechender Zweitchef Botafogo-Felipe und mein großartiger neuer Kollege Flamengo-Ingo.

Ich hatte eine wunderbare Zeit in Rio und dank der guten Entwicklungen fiel der Abschied leicht mit dem Wissen, dass ich ja in sechs Wochen wieder dort sein werde. Am Samstag, 22. Mai 2010 geht mein Flieger Richtung Rio. Ich werde Euch weiter berichten.
Ich bin sehr glücklich und dankbar.

Hier noch ein Links zu den Fotos auf Facebook:
http://www.facebook.com/album.php?aid=159739&id=567959597&l=acb9c4ff3c
http://www.facebook.com/album.php?aid=158854&id=567959597&l=8a454b4852
http://www.facebook.com/album.php?aid=156125&id=567959597&l=d294f85785

Donnerstag, 11. März 2010

Carnaval do Rio, Umzug nach Ipanema, Maracanã und der Wetterschumschwung

Nach fast einem Monat ist es mal wieder an der Zeit ein paar Dinge hier zu erzaehlen.
Ja, da war dann der Karneval in Rio.... Ich bin ja in Deutschland keine echte Karnevalsfreundin und bin es auch hier nicht geworden. Es ist schon eine Wahnsinnsstimmung in der ganzen Stadt. Schon Wochen vor der Karnevalswoche finden ueberall sogenannte "Blocos" statt, bei denen auf Plaetzen, an Ecken und mitten auf den Strassen brasilianische Karnevalslieder gesungen und getrommelt werden. Die "Baterias" bestehen aus vielen verschiedenen Schlaginstrumenten und es wird nach den Sambarhythmen gesungen. Meistens sind es selbstgedichtete Lieder der Viertel, in denen der jeweilige Bloco stattfindet. So gab es schon mindestens 4 Wochen vor dem Karneval in Santa Tereza, wo ich zu der Zeit noch wohnte, jeden Freitag einen Bloco vor der "Bar do Gomes". Es wurden Zettel verteilt mit dem Text des Liedes, das dann alle mitsingen und zwar solange, bis alle es auswendig singen koennen, will heissen, dass etwa eine Stunde lang zu den immer gleich schlagenden Sambarhythmen 20 Zeilen Text ungefaehr 376 mal wiederholt werden, am Stueck, und es wird nicht langweilig. Man singt und tanzt einfach weiter........ und das bei immer noch 35 Grad in Nacht.
Ungefaehr genauso spielt es sich ab bei den grossen Umzuegen im "Sambódromo". Die Umzuege der grossen und besten Sambaschulen finden Karnevalssonntag und Rosenmontag statt, beginnen um etwa 20.00h und das geht bis in die fruehen Morgenstunden, etwa 3.00h. Jede Schule praesentiert sich zwischen 60 und 80 Minuten und nach einer kurzen Pause folgt die naechste. Wenn alle durch sind, legt eine Jury einen Sieger fest. Dieses Jahr war der Sieger "Unidos da Tijuca", die eine tolle und sehr fantasievolle und aufregende Show abgeliefert haben. Wir hatten, das Glueck, dass wir sonntags genau diesen Umzug im Sambódromo komplett gesehen haben. Unsere Tickets hatten wir "guenstig" bei einem Kontaktmann unseres Organisationschefs kaufen koennen. In Sektion 13 waren wir mit ca. 342 Millionen Brasilianern, die mit Kindern und Kuehltaschen auf den Raengen gequetscht sassen und nochmal sovielen Touristen, die letzte Station des Umzuges mit guter Sicht auf die praechtigen Kostueme und Szenerie, und wir haben Michael Jackson auferstehen sehen ;)
Nach 3 Stunden bei 35 Grad (Mitternacht), zwei halben und eben einem ganzen Umzug waren wir ziemlich erledigt von dem ganzen Spektakel - aber man muss es ja zumindest mal gesehen haben.
Der Karneval hatte sich fuer mich dann auch erledigt. Die Stadt spielt einfach verrueckt, es ist soooo ueberfuellt, viele bekloppte und ueberdrehte Touristen, aber auch Brasilianer und Diebe und andere kleine Gangster sind unterwegs - aber gerne koennen alle ihren Spass damit haben, ich habe mich fuer ein paar ruhige Tage zu Hause entschieden und habe mich immer ueber die lustigen Kostueme meiner Mitbewohner, die nicht genug kriegen konnten, gefreut. Wenn ich dann mal hier wohne, werde ich wohl zu den Menschen gehoeren, die zum Karneval das Weite suchen und ein bisschen nebenbei verdienen durch die Vermietung ihrer Wohnung an Karnevalstouristen.

Am Wochende nach Karneval bin ich mit einer Freundin, Sara aus New York, nach Búzios gefahren. Das liegt etwa 200 km noerdlich von Rio und gilt als "St. Tropez" von Brasilien, nicht zuletzt, weil auch Brigitte Bardot vor "einigen" Jahren hier Urlaub machte. Wir hatten ein schoenes Zimmer in Brigitta's Pousada direkt am Strand im Zentrum von Búzios gebucht. Will heissen Zimmertuer auf, Fuesse im Sand und 10m weiter im Wasser, wirklich ganz schoen. Es war ein entspanntes Wochenende, die Gegend ist wirklich sehr schoen, aber nochmal werde ich dort nicht hinfahren. Es ist tatsaechlich wie St. Tropez: teuer, extrem touristisch, vollgebaut, die Straende nicht so prickelnd und zum ersten Mal traf ich auf wirklich unfreundliche Brasilianer, zumindest oftmals, wenn man nicht bereit war, den geforderten Preis zu bezahlen. Wir hatten trotzdem eine schoene Zeit, haben unsere schoenen Plaetze zum Schwimmen, Laufen, Sonnen, Essen und Trinken gefunden und auch ein paar wirklich nette Menschen getroffen. In den Seitenstrassen gibt es kleine, unscheinbare Restaurants mit einem kleinen Angebot von "Mama's" gutem Essen fuer ganz wenig Geld, die Einheimischen verraten einem, wo die schoeneren und nicht so kommerziellen Straende sind und vor unserer Zimmertuer war das Schwimmen am fruehen Abend auch sehr schoen. Und ich bin ein bisschen dem grossen Bikiniangebot zum Opfer gefallen... Was uns allerdings niemand verraten hatte, war die Tatsache, dass am 2. Wochenende im Februar die Zeit von Sommer- auf Winterzeit umgestellt wird, also eine Stunde zurueck. Das erfuhren wir dann nebenbei, als wir eine Stunde zu frueh an der Bushaltestelle fuer unseren gebuchten Bus nach Rio standen...

Der Sommer ist also vorbei in Rio, es wird jetzt schon um 18.30/19.00h dunkel. Die Temperaturen beeinflusst das aber nicht wirklich...

Am 23.2. bin ich dann von Santa Tereza nach Ipanema umgezogen. Hier wohne ich jetzt in einem huebschen Zimmer im Apartment von und zusammen mit Danielle im 19. Stockwerk mit Ausblick auf die Favela "Cantagalo". Der Name bedeutet "der Hahn singt (kraeht)", was mir allerdings erst am ersten Morgen zum ersten Mal bewusst wurde, als um etwa 4.00h ungefaehr 183 Haehne abwechselnd und im Kreis kraehten... Abgesehen von den Haehnen, an die man sich gewoehnt, und am Wochenende oft laute "Brasil Funk Parties" ist es relativ ruhig in der Favela. Ein bisschen irritiert war ich, als am 2. Tag drei schwer bewaffnete Polizisten vor unserem Gebaeude standen - das sind aber "nur" Sicherheitsvorkehrungen, da direkt neben uns auch eine Schule und eben auch die Favela ist...
Ipanema ist viel lebendiger als Santa Tereza, es gibt ein besseres Gefuehl von Sicherheit (trotzdem ist immer Vorsicht und Umsicht angesagt) und man hat alles, was man braucht fast vor der Tuer, inklusive Strand :) Da aber leider das Wetter kurz nach meinem Umzug umschlug und es fast jeden Tages in Stroemen gegossen hat, habe ich den Strand erstmal vergessen. Ausserdem habe ich unter dem Wetterumschwung mehr gelitten als erwartet. Nach einem Temperatursturz von ca. 38 - 42 Grad ueber drei Wochen auf etwa 21 - 25 Grad war ich nur noch muede, aber soooo muede, dass ich manchmal dachte, den ganzen Tag schlafen zu muessen. Die Fahrt zu meinem Ballett und Gymnastikprojekt zweimal die Woche in Santa Tereza war eine gefuehlte Tagesreise und dauerte an den Regentagen etwa 2 Stunden mit Metro und Bus. Und einmal davon nur um dann festzustellen, dass die Maedels es vorgezogen hatten, bei dem Regen lieber zu Hause zu bleiben.

Es hat dann also bis letzten Samstag jeden Tag geregnet und manchmal ist der Regen so heftig, dass die Strassen in Minuten ueberflutet sind und man bis zu den Knien im Wasser steht. Fuer die Bewohner der Favelas an den Haengen ist das sehr gefaehrlich, denn es gibt immer wieder Erdrutsche, die die kleinen Haeuschen einfach wegreissen. Manche Menschen muessen dann bei so heftigem Regen ihre Wohnung verlassen und abwarten, ob das zu Hause nach dem Regen noch steht. Zu bleiben kann das Leben kosten.
Ich bin also immer mit Schirm losgezogen und habe gegen Regen und Muedigkeit angekaempft. Ich war schon etwas verzweifelt, denn meine Zeit hier ist ja begrenzt und ich wollte mehr unternehmen, woran mich diese Muedigkeit aber hinderte... Nun habe ich gelernt, dass wir Westeuropaeer es in den ersten Monaten einfach schwer haben, mit diesem Klima zurecht zu kommen, es braucht ein bisschen Zeit und man muss sich ordentlich ernaehren, was bei der Fuelle von leckeren und gesunden Fruechten auch gar nicht so schwer ist. Nun scheint seit einigen Tagen wieder die Sonne, morgens gehe ich oft am Strand laufen. Zwei bis dreimal pro Woche gehe ich zu meinem Gymnastikprojekt in Santa Tereza, nehme dort auch Portugiesischunterricht und treffe nette Menschen auf ein oder zwei Bierchen ("Chopp").

Letzten Samstag war ich mit ein paar Freundinnen im "Floresta da Tijuca", das ist der wiederaufgeforstete Wald in Rio de Janeiro, mitten in der Stadt. Wir waren unter einem frischen Wasserfall duschen und haben ein kleines Picknick gemacht. Nach diesem ersten Sonnentag hat es zwar noch einmal schlimm geregnet, aber der Ausflug hat richtig gutgetan und die Muedigkeit verschwand wieder.

Mit der brasilianischen Mentalitaet und Kultur komme ich ganz gut zurecht. Man muss sich auf einiges einstellen wie das unbestimmte Zeitgefuehl der Brasilianer, lange Wartezeiten z. B. in der Schlange an der Supermarktkasse oder warten auf Busse. Man wartet halt, keiner stresst rum, einen Busfahrplan mit festen Zeiten gibt es nicht. Bis auf die Metrobusse kommen alle Busse ziemlich unregelmaessig, manchmal zwei gleichzeitig oder auch mal eine halbe Stunde keiner. Es ist auch nicht immer ganz klar, wo die Busse langfahren, manchmal bitten Fahrgaeste, um eine andere Ecke zu fahren, was viele Busfahrer dann auch tun, so dass sich die Strecke durchaus auch mal veraendern kann, wenn auch das Ziel dasselbe bleibt. Es gibt aber auch den genervten, ja mitunter ungehaltetenen, fast aggressiven Brasilianer. Das kann dann richtig unangenehm laut werden, so dass man denkt, gleich gibt es eine Keilerei. Meistens endet es aber bei einem Bierchen...
Manche Dinge sind verwirrend, im Supermarkt gibt z. B. manchmal einerseits "fila única" (eine Warteschlange fuer alle Kassen) und dann aber ploetzlich auch gerne mal in zwei Altersklassen unterteilt: bis 50 und dann 50+. Haette eine nette aeltere Dame mich nicht darauf aufmerksam gemacht, haette ich sicher von der jungen Dame, die die Kassen koordinierte, einen boesen Blick bekommen, so wie als ich an der Reihe war, ich nicht nicht gleich zuckte und erst nach 10 Sekunden begriff, dass ich ihr zur freien Kasse folgen sollte, da muss es dann auf einmal fix gehen...
Im allgemeinen sind die Brasilianer meist sehr freundlich, froehlich und ansonsten ganz normale Menschen mit ganz normalen Problemen. Sie nehmen das Leben aber leichter, obwohl es hier oft viel anstrengender ist, als bei uns, eben weil alles viel laenger dauert und es meist an Organisation und Effizienz fehlt. Umweltschutztechnisch muss hier noch viel getan werden, das ist einfach noch nicht so richtig durchgedrungen in die Koepfe, wie man Muell trennt, dass man bei Rauchverbot in Lokalen den Rauchern auch einen Aschenbecher auf die Strasse stellt und sie nicht auffordert, die Kippen doch einfach auf die Strasse zu werfen und dass Wasser ein kostbares Gut ist, das man am Strand nicht einfach stundenlang ungenutzt aus Duschen laufen laesst...

Welch ein Glueck, dass ich hier sein darf, ich bin sehr dankbar. Rio ist wunderschoen, es stresst oft sehr, aber man liebt es. Ich moechte gerne laenger bleiben, dafuer arbeite ich an meinem Netzwerk hier. Ich brauche einen ordentlichen Job, um ordentlich hier leben zu koennen. Und wenn es nicht dieses Jahr ist, dann naechstes. Meine Ballettmaedchen moechte ich auch weiter unterrichten. Es ist oft nicht einfach, die Launen der Kinder sind eine echte Herausforderung, mit normalen Erziehungsmassnahmen kommt man hier nicht weit, oft ist man mit der Geduld kurz vor dem Zerreissen, man ist traurig, denn die Kinder scheinen undankbar. Aber sie sind sehr beduerftig, brauchen Zuwendung und viel Liebe und man darf nicht vergessen, dass sie in sehr schwierigen Verhaeltnissen aufwachsen und sich permanent irgendwie beweisen oder verteidigen oder sich gar selber durchschlagen muessen. Aber sie haben grossen Spass an rhythmischer Sportgymnastik mit den Handgeraeten. Naechste Woche koennen wir noch mehr Geraete kaufen dank der Spenden meiner Freunde in Deutschland - 1000 Dank dafuer :)

Ach ja, und ganz wichtig: Im Maracanã Stadion war ich natuerlich auch schon. Meine Mannschaft ist "Flamengo Rio de Janeiro" - der brasilianische Meister der letzten Saison. Das Spiel gegen Botafogo im Halbfinale um die Taça Guanabara haben sie aber leider verloren. Es war trotzdem ein tolles Erlebnis und ich hoffe, nochmal gehen zu koennen, bevor das Stadion fuer die Renovierung fuer die WM 2014 im Maerz schliesst. Die Stimmung war grossartig, die Fankurven sind viel groesser und lebendiger als bei uns, eigentlich ist das ganze Stadion Fankurve, wenn es voll ist. Viele Brasilianer hoeren nebenbei Taschenradio, wie es in anderen Spielen laeuft, es wird alles moegliche an Snacks und Getraenken die ganze Zeit zwischen den Raengen verkauft, wenn es anfaengt zu regenen, schwingen die Verkaeufer die Regenmaentel-Paeckechen (eigentlich Plastiktueten zum Ueberziehen, laessige Ganzkoerperkondome koennte man auch sagen). Sowas wie Hooligans gibt es hier auch und hier wird auch schnell mal geschossen... Ich war gottseidank auf der anderen Seite des Stadions.

Das soll es fuer heute gewesen sein. Es gibt noch viel mehr zu erzaehlen, aber das verschiebe ich auf einen anderen Tag. Fotots muessen leider auch noch warten.
Beijos!!

Montag, 15. Februar 2010

Ballettstunden, die Suche nach Handgeräten und die Reise auf der Tocorimé


Nun sind tatsächlich schon wieder drei Wochen vergangen und wir befinden uns mitten im Karneval in Rio. Die Zeit vergeht so schnell, eigentlich sollten die Tage hier 48 Stunden haben, weil alles viel mehr Zeit braucht. Man wartet eigentlich ständig auf irgendwas: Leute, Busse, Post, Essen... aber ich habe mich daran gewöhnt und das Tempo gefällt mir, weil man eigentlich nie hetzen muss.

Vor drei Wochen hat also mein Ballettprojekt begonnen. Da ich den Mädels auch rhythmische Sportgymnastik vorstellen und ein bisschen beibringen möchte, musste ich mich erstmal auf die Suche nach den Handgeräten Band, Reifen, Seil und Ball machen. So habe ich fast 2 Wochen lang in allen möglichen Stadtteilen Rios die Sportgeschäfte abgeklappert - etwa 25-30 -, den Turn- und Gymnsatikverband angeschrieben, unbeantwortet, was leider auch öfter vorkommt, bis mir jemand bei meinen Recherchen den Tipp gegeben hat, mich an einen größeren Sportclub im Stadtteil Tijuca zu wenden. Da habe ich also angerufen, wurde weiter verwiesen an die Gymnsatikabteilung, dort gab man mir die Tel-Nr. der Trainerin, die mir wiederum die Tel-Nr. der netten Dame gab, die die Handgeräte anscheinend selber baut bzw. eine "geheime Quelle" hat. Noch am selben Tag habe ich mich mit ihr am Sportclub "SESC Tijuca" verabredet, wo ich ihr dann einige Geräte abkaufen konnte. Abgesehen davon, dass ich von einer Tel-Nr. zur nächsten geschickt wurde, waren alle so hilfsbereit und freundlich. Die Tour zum Sportclub hat zwar insgesamt auch nochmal über 3 Stunden gedauert mit Bus und Metro, aber es hat sich gelohnt. Die Geräte habe ich von Lilian bekommen und auch die Trainerin Adriana kennengelernt, die gerade mit ihren Mädels trainierte. Sie hat mich sogar eingeladen als "Gast-Trainerin" mal ein paar Stunden zu übernehmen. Alles wichtige Kontakte für die Zukunft :)
Am nächsten Tag wollte ich dann mit meinen Ballett-Mädels in Santa Teresa loslegen, bin aber dann wegen meiner "verklemmten Schulter" solange beim Arzt hängengeblieben, dass ich es nicht mehr geschafft habe. Da ich ja dann am 7.2. auf die "Tocorimé" gegangen bin, mussten wir alles auf die Woche nach Karneval verschieben, denn in dieser Woche geht hier gar nichts.... außer eben Karneval - und wie.

Ansonsten habe ich die Zeit damit verbracht, die Stadt mit ihren Schönheiten, ihren Menschen, und auch Ecken und Kanten jeden Tag ein bisschen besser kennenzulernen. Mittlerweile kenne ich einige Buslinien, zumindest von wo aus sie wohin gehen, finde ich mich in einigen Stadtteilen schon gut zurecht, kann mich gut verständigen und freue mich über die Freundlichkeit der Menschen im allgemeinen. Die Hitze ist zu ertragen, obwohl man natürlich meist ziemlich müde ist bei 40 Grad am Tag und noch immer 30 Grad in der Nacht, aber das ist mir lieber als bei minus 10 Grad im Schnee zu hocken.
Das Essen schmeckt mir hier auch gut, man kann eigentlich alles haben, was es bei uns auch gibt. Die Brasilianer essen viel und gerne: Fleisch, Hühnchen und dazu immer Reis und Kartoffeln oder Pommes, meist noch die schwarzen Bohnen, die ich nicht so gerne mag. Italienische und asiatische und auch deutsche Restaurants sind sehr beliebt und überall zu finden. Es gibt auch viel fritiertes Häppchenzeug, die sogenannten "Salgados", panierter Teig mit Hühnchen-, Fleisch- oder Fischfüllung, dazu manchmal scharfe Soßen, gerne genommen am frühen Abend zu einem oder zwei "Chopes", superkühles Bier vom Fass, das ich besonders gerne mag, obwohl ich ja ansonsten fast gar keinen Alkohol trinke. Aber abends nach einem heißen Tag zischt das sehr schön ;)

Vergangene Woche war ich dann ja für 6 Tage und Nächte auf der "Tocorimé", einem Segelschiff ganz aus Holz, von Hand am Amazonas einem holländischen alten Segelboot nachgebaut. Das war schon eine Herausforderung mit 22 Leuten auf 22 Metern. Bording war Sonntag, 7.2.2010 mittags. Dann eine kurze Rundführung über und durch das Boot, einige Sicherheitsanweisungen und die Vorstellung der 7-köpfigen Crew inklusive Captain. Allesamt tolle Burschen, mit denen ich am liebsten gleich die Welt umsegeln würde... wäre da nicht diese Übelkeit, die einen doch hin und wieder bei hohem Wellengang überrascht. Aber daran gewöhnt man sich sicher auch. Die Bettenkojen sind schon sehr eng, daher war es toll, dass wir vier von den 6 Nächten an Deck unter freiem Himmel schlafen konnten. Und sooooviele Sterne jede Nacht, die man nur sieht, wenn man in einer dunklen Bucht vor Anker liegt, wie wir es fast jede Nacht taten. Und dann aufwachen bei Sonnenaufgang, ein so schönes Erlebnis.
Die Toiletten- und Duschsituation sind zusammengelegt, will heißen, der Platz auf ca. 50x100cm ist optimal genutzt und man steigt von der Toilette direkt unter die Dusche und kann sich auch auf der Toilette sitzend noch die Hände waschen.
Der Koch hat drei gute Mahlzeiten am Tag geliefert, Wasser, Kaffee, Tee und gekühlte Softdrinks standen immer bereit und bei irgendwelchen Problemchen hatte insbesondere der Gruppen Tourleader Wouter aus Belgien immer eine Lösung. Der Kapitän Michael aus Tschechien glänzte mit souveräner Übersicht über die Gesamtsituation und trockenen Witzchen (die oft keiner wirklich verstand). Dodo, Ciro (beide Brasil) und Julio (Peru) haben sich um alles rund um Segelsetzen und Anker werfen und lichten gekümmert und mussten auch sonst überall mit anpacken, so Julio als jüngster auch mal Kartoffeln schälen oder abspülen...
Das war wirklich alles andere als Luxus oder Komfort und eine größere Herausforderung, so auch z. B. als wir bei einem heftigen Schauersturm feststellten, dass das Boot nicht ganz dicht war... da muss man sich irgendwie mit arrangieren, aber mit vereinten Kräften haben wir für alle einen trockenen Schlafplatz gefunden.
Auch, wenn es mir wegen meiner Schulter und Seekrankheit am ersten Tag ziemlich schlecht ging, habe ich diese Tour doch sehr genossen. Schön, wenn man jeden Morgen einfach ins Wasser einer schönen Bucht hüpfen kann, schön, wenn man sich ohne Motor nur mit Segeln fortbewegt und schön, wenn man jeden Tag an einem anderen schönen Ort aufwacht.
Die Crew war wunderbar, die Gruppe sehr nett und lustig und wir sind alle jeden Tag ein Stück näher zusammengerückt, so dass der Abschied für mich schon wieder tränenreich war.
Wir haben tagsüber Ausflüge gemacht zu wunderschönen Stränden auf Ilha Grande, zu Wasserfällen mit frischem Süßwasser, haben die Eistheke am Pier von Vila do Abrao auf Ilha Grande gestürmt, sind an einem Morgen in der Nähe von Paraty auf 400 Meter durch den Regenwald auf einen Felsen geklettert, was wahnsinnig anstrengend war, sich aber mit wunderschönen Aussichten bezahlt gemacht hat, toll, toll, toll!!!
Am letzten Abend haben wir dann vor unserem Zielhafen in Paraty zum letzten Mal den Anker geworfen und sind mit unserem Beiböötchen zum Pier gefahren, um in der hübschen kleinen Stadt unsere erste brasilianische Karnevalsparade zu erleben. Das war ein Riesenspaß bis in den frühen Morgen.
Wie gesagt, der Abschied war für mich tränenreich und das hat zu tun mit den Menschen, die ich teilweise sehr ins Herz geschlossen habe und sicher auch damit, dass sich das Leben am und auf dem Meer so wunderbar frei anfühlt. Ich bin ziemlich erledigt, gespickt mit schlimmen Moskitobissen, aber sehr erfüllt und glücklich am Samstagabend nach Rio zurückgekehrt und habe erstmal 13 Stunden am Stück geschlafen.

Hier ist der Karneval jetzt in vollem Gange, die Stadt steht Kopf, an allen Ecken finden (schon seit Wochen) "Blocos" statt. Da spielen "Baterias" Sambarhythmen, man tanzt, trinkt, küsst und freut sich des Lebens. Textblätter mit den aktuellen Kanevalsliedern werden verteilt und diese dann so ein bis drei Stunden am Stück immer wieder gesungen.
Gestern Abend war ich mit einigen HausfreundInnen, alles Volunteers in Favelaprojekten, im Sambódromo, wo immer am Karnevalssonntag und -montag die großen Paraden der großen Karnevalsvereine stattfinden. Die Parade eines Klubs dauert etwa 80 Minuten und wir haben 2 angeschaut bis ca. 2.00h morgens. Ein tolles Erlebnis, aber bei der Hitze und sovielen Menschen hält man es auch nicht viel länger aus.

Heute bleibe ich zu Hause, vielleicht morgen nochmal Karneval. Und am nächsten Wochenende fahre ich nach Búzios, einem hübschen Urlaubsort, etwa 200km nördlich von Rio, wo auch Brigitte Bardot schon Urlaub machte und im Meer schwamm...

Und hier sind die neuesten Fotos von der Bootstour:
http://www.facebook.com/album.php?aid=143245&id=567959597&l=d1a79e9d5c

Sonntag, 7. Februar 2010

Bording on Tocorimé

Leute, alles dauert hier viiiiiel laenger. Ich bin immer beschaeftigt und komme wenig zum schreiben. Heute nur soviel: ich gehe gleich fuer eine Woche an Bord der "Tocorimé" von Rio nach Paraty: http://www.tocorime.net/

Und hier noch ein paar Bilder der letzten 2 Wochen:
http://www.facebook.com/album.php?aid=139183&id=567959597&l=78a8209665

Beijinhos!!!!

Montag, 25. Januar 2010

Strand, Samba da Rua, 37 Kinder und ein Ueberfall

Einige Tage sind nun vergangen und ich habe einiges erlebt. Erstmal die schlechten Nachrichten: Am letzten Mittwoch Abend auf dem Heimweg nach der Sambastunde wurde ich mit zwei anderen Maedels aus meinem Haus ueberfallen. Zwei junge Maenner auf einem kleinen Motorrad hielten neben uns an, einer stieg ab und befahl uns leise, aber bestimmt, nicht zu schreien und ihnen Geld, Mobiltelefone und Kameras zu geben. Ich habe gleich meine kleinen Scheine abgegeben und dass ich kein Handy dabei hatte, wollte mir der Bursche nicht glauben und hat daraufhin meine Hosentaschen durchsucht und noch einen kleinen Geldschein gefunden. Meine Freundin Rita hatte leider relativ viel Geld, ihre Kreditkarte und Handy, alles in einer Tasche dabei und war natuerlich alles los. Dann haben sie uns angeschrien, wieder in die andere Richtung zu gehen und uns nicht umzuschauen, damit sie ungesehen abhauen konnten. Das war schon ein grosser Schock und wir waren froh, als wir wieder zu Hause waren. Nun wird auf jeden Fall mit Einbruch der Dunkelheit nur noch Bus oder Kombi gefahren, es ist billig und man kommt sicher bis vor die Haustuer.

Inzwischen habe ich das Ganze gut verdaut, bin noch etwas vorsichtiger geworden, aber nicht mehr so aengstlich. Unsere Organisationschefs Felipe und Ingo haben sich ganz lieb um uns gekuemmert. Donnerstags war ich dann auch das erstemal bei meinem Ballett Projekt und habe die Leiterin Vânia kennengelernt.Wir haben zusammen mit einer weiteren Helferin, Geisa, einen Plan fuer die naechsten 2 Wochen gemacht. Im Moment sind noch Ferien und daher machen wir mit einem Teil der Gruppe ein paar kleine Exkursionen. Das Ballett ist zur Zeit in einem Raum des Centro Cultural Laurinda Santos Loboin Santa Teresa untergebracht, da das eigene Gebaeude nach einem heftigen und langen Regenguss mal zusammengebrochen ist. Nun wird ein neues gesucht, was nicht so einfach ist. Das Kulturzentrum befindet sich in einem wunderschoene, alten Gebaeude aus dem Jahr1907 und wurde 1979 nach einer Renovierung und Instandsetzung offiziell dort eroeffnet. Heute werden dort Kinder aus den umliegenden Favelas betreut, man spielt mit ihnen Theater und Pantomime, bastelt, singt oder macht kleine Ausfluege und unterrichtet sie in wichtigen Dingen fuer das Leben, wie z. B. Sicherheit auf den Strassen. Die Kinder sind zwischen 6 und 16 Jahren alt und stammen aus den Armenvierteln, den Favelas (Slums) rund um Santa Teresa. Man versucht ihnen hier Halt und Zuwendung zu geben, was ihnen in den meisten Faellen zu Hause fehlt. Sie werden oft den ganzen Tag alleine gelassen, niemand kuemmert sich, weil die Muetter entweder arbeiten muessen oder sich nicht fuer ihre Kinder interessieren, teilweise, weil sie einfach ueberfordert sind. Vaeter gibt es oftmals gar nicht, jedenfalls sind sie nicht praesent, weil ihnen nach dem Zeugungsspass in den meisten Faellen der Spass vergeht.

Freitags war ich dann mit der ganzen grossen Gruppe 6 bis 14-jaehriger Kinder - 37 waren es - in einem kleinen Museum von Benjamin Constant (u. a. Gruender einer Blindenschule fuer Kinder). Natuerlich war ich nicht allein, sondern mit 4 weiteren brasilianischen Betreuer/innen und einer deutschen Volontaerin. Es war ein richtig schoener Nachmittag und ich habe selten so aufgeschlossene Kinder erlebt. Viele sind sehr wissbegierig und stellen mir Fragen von "wie kalt ist es in Deutschland" bis "hast du einen Mann und Kinder" oder "willst du in Brasilien bleiben". Sie sind sehr anhaenglich und suchen oft Koerperkontakt und strahlen trotz ihrer Armut unglaublich viel Lebensfreude aus. Da fragt man sich, worueber und warum wir uns eigentlich noch beklagen koennten... Groesstenteils sind es Maedchen, die zu diesen Gruppen kommen, die Jungen sind schwerer aus ihrem Milieu herauszulocken, da die Drogenkommandos sie schon mit 5 oder 6 Jahren in ihre Kreise als "Kuriere" oder "Soldaten" fuer ihre zerstoererischen Machenschaften locken. Aber dieser erste Nachmittag war fuer mich eine wunderbare Erfahrung und ich freue mich darauf, mehr zu geben, um diesen kleinen Schaetzen eine Basis fuer ein gutes Leben zu ermoeglichen.

Am Wochenende haben wir enfach nur das Leben in Rio bzw. Santa Teresa genossen. Freitagabend ging es los mit "Samba da Rua" vor der "Bar Gomes" in Santa Teresa, in der Naehe unseres Hauses. Dort trifft man sich dann bei Samba mit einer "Bateria" (eine Samba-Trommelgruppe) auf 2 bis 20 Bier und steht noch bis in die Nacht zusammen. Dort hat mir unser Haus-Manager einige Menschen aus dem Viertel vorgestellt, es ist immer gut, viele gute einheimische Bekanntschaften oder Freunde zu haben, habe ich gelernt. So faellt man als Tourist oder Auslaender nicht auf, wenn man "wichtige" Leuten aus dem Viertel kennt und sich unter sie mischen kann, was wiederum auch fuer die eigene Sicherheit gut ist. Und wir hatten viel Spass.

Samstags waren wir in Niteroi, eine Art Ablegerstadt gegenueber von Rio auf der anderen Seite der Guanabara Bucht. Dort steht das Museum fuer zeitgenoessische Kunst "MAC", entworfen von Oscar Niemeyer, der jetzt 102 Jahre alt ist. Das Gebaeude hat wohl fast jeder schon gesehen. Innen ist es relativ unspektakulaer, aber man muss es ja mal gesehen haben.

Sonntags war Strandtag in "Barra da Tijuca", der schoenste Stadtstrand von Rio, 12 km lang, viel sauberer als und nicht so voll wie Copacabana oder Ipanema. Ausserdem ist man dort sicherer unter vielen neureichen Einheimischen, die sich hier in den letzten 10/15 Jahren Apartments und ein schoenes Leben leisten konnten. Man faehrt dort zwar 1 bis 1,5 Stunden mit dem Bus hin, aber es lohnt sich. Das Busnetz von Rio ist sowieso ein Phaenomen. Es gibt Zig-Tausende Busse und Linien, aber keinen richtigen Fahrplan oder eine Uebersichtskarte. Eine grosse Herausforderung, sich damit zurechtzufinden, wenn man nicht weiss, welcher Bus eigentlich wann, von wo aus und wohin faehrt. Alle haben Bus-Nr. und die Fahrer sind auch meist hilfsbereit, aber ich werde noch eine Weile brauchen, um meine wichtigen Strecken auswendig zu lernen.

Heute habe ich zum ersten Mal meine eigentliche Ballettgruppe getroffen, zumindest einen Teil davon. Wir haben einen Ausflug zu einem Aussichtpunkt gemacht, von wo aus man die Christus Statue auf dem "Corcovado" gut sehen konnte und eine wunderbare Aussicht ueber einen grossen Teil der Stadt hat. Leider hatte ich keine Kamera dabei, da bin ich im Moment sehr vorsichtig, weil wir auch an einigen Favelas vorbei mussten. Beim naechsten mal dann...
Ach ja, und heute morgen hatten wir wieder kleine Kapuzineraeffchen zu Gast zum Fruehstueck, das kommt oefter vor und meist sind sie mit ein paar Bananen zufrieden.

Noch kurz zum Wetter: es ist immer noch heiss mit weit ueber 30 Grad, aber das Klima bekommt mir gut. Meist haben wir abends einen laengeren, oft auch heftigen Schauer, man glaubt kaum, was hier dann an Wasser die Huegel hinabrast, letzte Woche ist ein Baum auf unsere obere Terrasse geschwemmt worden.

Morgen werde ich losgehen und ein paar Handgeraete der rhythmischen Sportgymnastik fuer meine Gruppe kaufen, damit ich mit ihnen naechste Woche ein paar Sachen ueben kann. Diese Woche steht noch an Afro-Samba-Stunde am Dienstag, in Ipanema ausgehen am Donnerstag, Barbecue am Freitag bei uns zu Hause mit dem ganzen Team und am Wochenende eine Sambaschule besuchen und wie immer STRAND.

Und ein paar Bilder der ersten Tage:
http://www.facebook.com/album.php?aid=137217&id=567959597&l=01e23c388a

Mittwoch, 20. Januar 2010

Santa Teresa, Lapa und Samba

Nach drei Tagen im neuen zu Hause habe ich mich ganz gut eingelebt, kann mir die Namen aller Mitbewohner merken und bekaempfe langsam die Unsicherheit, alleine die Umgebung zu erkunden. Bei meinem "Orientierungsgespraech" mit Ingo Duarte von Iko Poran habe ich natuerlich viele gute Tipps in Sachen Sicherheit bekommen, das meiste davon wusste ich schon, aber es ist gut, das alles nochmal zu hoeren, speziell in Bezug auf diese Umgebung. Santa Teresa ist grundsaetzlich nicht gefaehrlich, aber man muss hier schon auf der Hut sein, denn Favelas sind rundherum und es kann immer passieren, dass man von Kindern oder Jugendlichen "angesprochen" wird, die mit einem Fingerzeig auf ihre Hosentasche (Messer oder so...) etwas Geld verlangen, das man ihnen einfach geben sollte.
Ansonsten ist Santa Teresa sehr idyllisch am Berg gelegen mit schoenen alten Haeusern, kleinen, kurvigen Strassen, bergauf, bergab, weshalb man auch unweigerlich jeden Tag gutes Training fuer die Beine hat. Nach meiner Orientierung mitIngo hat er mich noch nach Lapa am Fusse der Strasse nach Santa Teresa zur Bank mit Geldautomat begleitet und mir den Supermarkt gezeigt, damit ich meine ersten Einkaeufe (wir verpflegen uns selbst) machen konnte - wer mich lange kennt, weiss es schon: Pasta, Reis, Tomaten und Peperoni und natuerlich eine wunderbare Mango und ein paar andere Leckereien. Mit meinem ganzen Zeug bin ich den Berg bei etwa35 Grad zu Fuss wieder rauf... man gewoehnt sich dran. Mit den Bussen kann ich mich noch nicht so anfreunden, ehrlich gesagt habe ich immer ein bisschen Angst, irgendwo falsch zu landen, wo es unangenehm werden koennte. Aber das wird sicher mit der Zeit vergehen, wenn ich es erstmal ausprobiert habe.
Gestern Abend waren wir mit ein paar Maedels aus dem Haus - Anna aus Polen, Patricia aus Daenemark und Ameda aus Australien - bei einer Samba Reggae Tanzstunde in Lapa. Lapa ist tags wie abends ein lebendiger und lustiger Flanier- und Partystadtteil mit vielen Nachschwaermern in Restaurants und Bars und auf der Strasse. Hier ist man relativ sicher unterwegs, am besten in einer Gruppe, und muss nur ein bisschen auf seine Umgebung und seine Tasche achten. In einer Art grossen Garage, die aussieht wie eine Mischung aus Turnhalle und kleinem Musikclub, deren Tor zur Strasse geoeffnet ist, spielte eine grossartige "Bateria" (Trommelgruppe) mit etwa 10 Mann und unser Lehrer Paquinho tanzte mit seinem Co-Vortaenzer vorne weg (zur Strasse hin) und wir alle dahinter, mehr oder weniger synchron und fluessig mit ungefaehr 10 - 15 Maedels, der Grossteil sogar Brasilianerinnen. Es war ein Riesenspass, wir haben tiiiiierisch geschwitzt (immerhin waren es noch etwa 30 Grad) und waren nach einer Stunde Samba Reggae bzw. Afro Samba fast ohne Pause richtig platt, aber gluecklich. Es war wie auf einer Buehne zu stehen, denn draussen vor der Garage blieben natuerlich viele Flaneure und Touristen stehen, um uns zuzuschauen - so habe ich es gern... das wisst ihr ja ;) Die Bateria mit ihren vielen veschiedenen Trommeln war grossartig, Du kannst da auch einfach gar nicht stillstehen, wenn direkt hinter dir solche Rhythmen dich so laut und kraftvoll durchdringen- da fuehlst du das Leben in dir vibrieren...
Das war auch mein erster Ausflug bei Dunkelheit, auch so eine Sache, mit der ich mich noch arrangieren muss. Heute Abend gehen wir dann wieder zur Samba Stunde mit Paquinho...
Danach habe ich so gut geschlafen, wie noch keine Nacht hier. An die Hitze gewoehne ich mich jeden Tag mehr, im Moment ist es aber auch richtig heftig mit etwa 38 Grad zwischen 11.00 und 15/16.00h.
Da ich gestern mit Felipe, dem Gruender und Chef von Iko Poran, zur Bank fahren konnte und dann all meine Gebuehren, Spende und Unterkunft zahlen konnte, kann ich morgen auch mit meiner Arbeit am Ballett von Santa Teresa beginnen, einer Ballettschule fuer Kinder und Jugendliche aus den Favelas rundherum. Ich bin ganz schoen aufgeregt, Gott sei Dank ist das Ballett hier ganz in der Naehe und ich kann hinlaufen.
Heute ist ein Feiertag der Stadt Rio "Dia de São Sebastião" und wir werden wohl zum Strand gehen.

Montag, 18. Januar 2010

In the heat of the night....

Gestern bin ich dann also in mein neues Zuhause in Santa Teresa fuer die naechsten 7 Wochen eingezogen.
Ich wurde von Elias, dem deutschen Haus-Manager, sehr nett in Empfang genommen. Das "Casa Amarelinha" ist ein huebsches mehrstoeckiges und verwinkeltes, altes Haus direkt an der Strasse, wo auch die alteTram von SantaTeresa "Bonde" entlang geht, jede halbe Stunde mit lautem Scheppern, aber man hoert es bald gar nicht mehr. Ganz liebevoll eingerichtet fuehlt man sich hier gleich wie bei einer Familie zu Hause.
Ich teile mir mit 3 anderen Volunteers ein Zimmer mit Bad, es ist schon seeeehr klein und bei 4 Maedels eine grosse Herausforderung sich zu arrangieren auf etwa 12 m2 zwischen 2 Etagenbetten und einem dicken alten Schrank, den ich schon gar nicht mitbenutzen kann, weil schon voll. Also verstaue ich meine Sachen alle unter dem Bett, was auch ok ist. Da ich als 3. in das Zimmer kam, waren beide unteren Betten schon belegt und ich war etwas erschrocken, als ich sah, wie hoch das Bett ist... hoeher als ich selbst... grossartig, hoffentlich komme ich da heile rauf und runter. Die Leiter scheint stabil, vor dem Schlafengehen habe ich noch dreimal rauf und runtersteigen geuebt und habe mich dann sicherheitshalber auf die Seite mit der Leiterkante gelegt, damit ich nicht rausfalle, denn wenn man an 160cm Breite gewoehnt ist, koennte man sich mal schwungvoll herumrollen und platsch......
Diese Nacht war die heisseste meines Lebens - jedenfalls die heisseste, die ich allein verbracht habe. Eingeschlafen bin ich noch halbwegs gut, aber dann gegen Morgen aufgewacht und glaubte, jetzt ersticken zu muessen, Balkontuer zu, allerdings mit Luftschlitzen, was mich beruhigte und meine Erstickungsangst bekaempfte. Etwa eine halbe Stunde habe ich mit mir gerungen, ob ich jetzt wirklich aus dem Bett steigen soll, um zur Toilette zu gehen, was fuer eine Anstrengung. Dann musste es aber sein und der Ausflug hat mich sogar etwas erfrischt, zumindest fuer etwa eine Minute, danach weiterschwitzen, und wie... da half nicht mal der Ventilator, der uebrigens fast ueber mir ist und ich daher beim aufsteigen aufpassen muss, dass er mich nicht koepft. Weil mein Nacken von dem Wind(hauch) anfing zu schmerzen, musste ich dann aber auch noch ein Tuch umwickeln, da muss man dann Prioritaeten setzen - schwitzen oder nachhaltige Nackenschmerzen - dann lieber nur und von mir aus auch mehr schwitzen, aber nicht auch noch steifen Nacken...
Irgendwie habe ich weitergeschlafen mit verwirrten Gedanken ueber das, was man so aushalten kann. Ich glaube, man kann einiges aushalten, auch zu viert auf engem Raum gemeinsam schwitzen - laecherlich - es gibt Menschen, bei denen ist das normal. Ich bin sicher, auch ich passe mich an und halte es aus, wenn ich auch letzte Nacht einmal dachte: oh mein Gott, das geht ja gar nicht. Heute sieht die Welt schon wieder besser aus. Die anderen bisher 12 Mitbewohner aus allen moeglichen Laendern sind sehr lieb und nett und hilfsbereit, wir teilen unser Schwitzschicksal tapfer und werden auch sicher noch viel Spass zusammen haben. Ich frage mich nur, wie es wird, wenn im Laufe der naechsten zwei Wochen das Haus voll wird mit etwa 25 Menschen...
Im Moment warte ich auf Felipe, den Projekt Koordinator von Iko Poran, der Organisation, bei der ich mich eingeschrieben habe. Urspruenglich um 10.00h angemeldet, wird es nun aber nach zwei Anrufen seinerseits doch eher 13.30h - daran muss man sich auch gewoehnen, dass es immer spaeter wird als angesagt....

Sonntag, 17. Januar 2010

Die Reise und das erste Wochenende in Rio

So, endlich Zeit fuer einen kleinen Bericht.
Am Donnerstag nachmittag, 14. Januar bin ich dann nach 24 Stunden endlich in Rio angekommen. Wegen des Schnee's in Frankfurt hatte sich der Flug nach São Paulo um etwa 2 Stunden verschoben, was zur Folge hatte, dass ich meinen Anschlussflug verpasste. Das wiederum hiess, das Gepaeck wieder abholen - nach 2 Stunden war es dann endlich da - und schauen, dass ich den naechstmoeglichen Flieger nach Rio nehmen konnte, wieder einchecken und zum Flieger rennen.... Weil ich aber manchmal so nett bin, habe ich noch auf Karim gewartet, den ich auch wartend am Gepaeckband traf, der auch weiter nach Rio wollte, dessen Gepaeck aber leider nicht ankam. Weil so eine Situation in einem fremden Land an einem riiiiiesigen Flughafen zu zweit leichter zu ertragen ist und ich auch nicht so allein da rumlaufen wollte, habe ich beschlossen, ihm zu helfen, die Kofferreklamation abzugeben. Wir haben dann mit einigem Stress den Flieger um 13.00h bekommen. Karim's Freundin stand da schon lange wartend am Flughafen in Rio, da sie direkt aus São Paulo schon morgens mit unseren Flieger geflogen war und nur ahnen konnte, wann ihr Freund ankommen wuerde. Gluecklicherweise war dann auch dort Karim's Gepaeck schon angekommen, weil wir so doll gebetet hatten :)
Nun gut, gerade angekommen in meinem netten kleinen Yaya Hotel in Ipanema, bin ich geich mal in einen dieser brasilianischen Schoenheitssalons "Salão de Beleza" gegangen, Details erspare ich Euch, aber das machen hier alle Frauen und Maedels regelmaessiger als wir unsere Friseurbesuche.
Danach war ich einfach nur muede, hatte ganz vergessen zu essen, also habe ich noch eine Mango und Wasser gekauft und bin dann frueh eingeschlafen, so gut das bei immer noch ueber 30 Grad ging...
Am ersten Tag habe ich mich zusammen mit einem anderen Gast - David - im Regen einen einen kleinen Entdeckungsspaziergang in Ipanema gemacht, am Strand, Einkaufsstrasse, an der "Lagoa Rodrigo de Freitas", ein grosser See oberhalb von Ipanema. Es war ein angenehmer erster Tag.
Samstags sind wir nach dem Fruehstueck gleich mal an den Strand gegangen. Und haette ich mal auf David gehoert, als er sagte, dass wir unser Lager zu nahe am Wasser aufschlagen... oder er haette energischer protestieren und mich ueberzeugen muessen... denn nach einer halben Stunde hat uns (und einige andere in unserer Reihe inklusive Einheimischer) eine heftige Welle erfasst und alles etwa 10 Meter weiter den Strand hinauf gespuelt. Resultat: aaaallllles nass, plitschnass und Handy kaputt, was sehr bloed ist, denn ich bin jetzt auch hier fuer niemanden mehr direkt erreichbar. Wir haben also alles schoen sortiert und zum trocknen ausgelegt und uns anschliessend kapputtgelacht - nach Schock kommt Hysterie .....
Ein neues Handy hier zu kriegen ist als Auslaender nicht ganz einfach, da braucht man jemanden von hier mit einer komischen Nr. - naja, das regle ich dann naechste Woche. Also keine sms schicken, ich kriege eh nix...

Abends hatte ich dann auch noch einen heftigen Sonnenbrand, weil wir nach der Ueberspuelung etwa 1 Stunde in der Sonne rumstanden... und das passiert mir, die ich immer allen predige, wie wichtig Sonennschutz ist. Heute sehe ich immer noch aus wie eine Hummerbraut und kann leider nicht an den Strand.

Heute nachmittag ziehe ich dann um nach Santa Teresa ins "Casa Amarelinha" http://www.amarelinha.cat/ , wo ich mir mit 3 anderen Volunteers ein Zimmer mit Bad teilen werde. Bin sehr gespannt. Morgen geht das Programm los und ich freue mich auf die Ballettschule und kleine Taenzerinnen.
Und ueberhaupt freue ich mich hier zu sein....
Bis demnaechst auf diesen Seiten....

Sonntag, 10. Januar 2010

Farewell Fun


Heute habe ich eine schöne und lustige Brasil-Abschiedsrunde zum Brunch mit den Freunden verbracht. Jetzt geht alles ganz schnell, aber ich habe 1000 Sachen im Kopf, die irgendwie noch erledigt sein wollen.... und von allen schnell noch ein Foto mit mir :))
Die Wohnung ist - abgesehen von meinem Reisekram der überall rumliegt - übergabefertig und sauber für meine nette Untermieterin. Morgen und übermorgen muss dann auch noch die Jobsituation übergeben werden - ein dicker Batzen... oder sieht das nur so aus? ach, bestimmt geht's dann ganz schnell.
Und hoffentlich hab ich nichts vergessen...